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Die Kraft des Blues vermag alle Sorgen für den Moment in Luft aufzulösen

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Spannende Geschichten aus dem Backstage von den Rolling Stones, Eric Clapton, Bob Dylan, Jimi Hendrix und vielen anderen Konzertgrößen erhofften sich die Zuhörer einer musikalischen Lesung mit Fritz Rau. Fünfzig Jahre war er Deutschlands bedeutendster Konzertveranstalter. Es wurde ein Abend großer Emotionen – ein Abend voller Blues.

Fritz Rau fesselt am Sonntagabend seine Zuhörer im alten Schlachthaus vom „Kleinen Rathaus“. Mitgebracht hat er Erinnerungen aus 50 Jahren engsten Zusammenwirkens mit allen Größen des Jazz, Blues, Rock und Pop. Doch nicht minder gebannt lauschen die Gäste den Lebensweisheiten des wachen 82-Jährigen, der im gemächlichen badischen Tonfall aus seinem Buch „50 Jahre Backstage: Erinnerungen eines Konzertveranstalters“ liest und weitere Storys spontan einstreut.

Zum Sahnehäubchen werden die Bluesstücke, die Biber Herrmann mit Stimme, Gitarre und Mundharmonika beisteuert. Herrmann ist Jahrgang '62. In dem Jahr veranstaltete Fritz Rau mit seinem Partner Horst Lippmann die erste Tournee der später legendären „American Folk Blues Festivals“. Rau adelt den jungen Musiker als „real soul brother“, schnippt mit den Fingern, wenn Biber Titel von Willie Dixon, Robert Johnson, Muddy Waters oder aus eigener Feder spielt. Jeden Ton der Interpretation des „Satisfaction“ von den Rolling Stones saugt er auf und ruft „Yeah!“.

Überlebens- und Heilmittel

Dass eine der bislang 44 für 2012 fest gebuchten Jubiläumslesungen von Fritz Rau und Biber Herrmann in Doberlug-Kirchhain stattfindet, ist der langjährigen Freundschaft von Daniel Rudolph mit Fritz Rau zu verdanken. Daniel hat mit Bruder Sebastian das „Kleine Rathaus“ von den Eltern übernommen. Als er in den 90er-Jahren in Bad Homburg lebte, habe er den großen Konzertveranstalter kennengelernt. „Wir hatten die gleiche Stammkneipe. Später haben wir festgestellt, dass wir in der Nachbarschaft wohnen“, erzählt der 42-Jährige. Noch heute treffen sich beide regelmäßig.

Warum der Blues zum Überlebens- und Heilmittel der Afroamerikaner in den Gettos der USA wurde, erklärt Rau mit der Stimmung, die dem Blues innewohnt: „Du hast keine Chance, also nutze sie.“ Er überträgt es auf seine Situation. Als Kind verlor er Eltern und Großeltern und lernte die Gefühle großer Einsamkeit und Daseinsangst kennen. Trotz Erfolg begleiteten den späteren Rechtsanwalt und Konzertveranstalter seit der Jugend depressive Stimmungen bis hin zu siuzidalen Gedanken. „Der Blues hat mir aber immer geholfen, Erschöpfungsdepressionen zu überwinden“, bekennt er.

Angst vor Open air

Fritz Rau und Horst Lippmann haben gemeinsam mit Willie Dixon 101 der bedeutendsten Blueskünstler nach Europa gebracht und sie mit den Rolling Stones, Eric Clapton, Santana und anderen bekannt gemacht. Rau beschreibt den Zuhörern, wie die Musiker dadurch zu Wohlstand und Popularität gelangten. Pointiert schildert er Szenen, die ihn als Übervater hinter der Bühne vor ungeahnte Herausforderungen stellten. Er plaudert über seine Angst vor Open-air-Konzerten, über den Ticket-Preis von zwölf D-Mark für das Rolling-Stones-Konzert 1970 und die Geburtstagsgrüße, die ihm Mick Jagger bis heute schickt.

Nach mehr als zwei Stunden verleiht der Blues dem betagten Fritz Rau die unglaubliche Kraft, sich aus dem Rollstuhl zu erheben. Die Zuhörer quittieren es mit stehendem Applaus.
 
Von Heike Lehmann, erschienen in der Lausitzer Rundschau am 07.02.2012

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